Lexikon "Indikatoren, Lösungen" |
Weitere Bezeichnungen: Lackmustinktur, C.I. 1242
Farbstoff aus Flechtenarten, Hauptbestandteil Azolitmin
Der Name "Lackmus" ist abgeleitet von der indogermanischen Bezeichnung "leg" für "tröpfeln" und dem Wort Mus, da man bei der Herstellung den Brei abtropfen ließ.
(CD Römpp Chemie Lexikon, Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag 1995).
Weitere Angaben in der chemie-master.de®-Stoffdatenbank
Säure-Base-Indikator
Farbumschlag bei pH 5,0-8,0 rot blau
Rotes Lackmuspapier färbt sich in Laugen blau.
Blaues Lackmuspapier färbt sich Säuren rot.
Herstellung der Lösung:
4 g in 100 mL Wasser bzw. 0,5 g in 100 mL Ethanol (90%)
Lackmuspapier: mit Lackmus-Lösung getränktes Papier
Flechten sind dauernde Lebensgemeinschaften zwischen einem Pilz und einer Alge. Flechten gedeihen auch auf ganz nährstoffarmen Unterlagen wie Baumrinden oder Steinen.
Schon um 1300 n. Chr. wurde Lackmus von Arnaldus de Villanova, einem Alchemisten und Arzt, als chemisches Reagenz verwendet. Mindestens seit dem 16. Jahrhundert gewann man in größerem Maßstab, vorwiegend in den Niederlanden, aus verschiedenen Flechtenarten den blauen Farbstoff Lackmus. Verwendung fand er zum Bläuen der Wäsche und zum Färben von Weinen, Backwerk, Likör, Käse und anderen Genuss- bzw. Nahrungsmitteln, außerdem für Schminke und für Zuckerpapier. Zur Färbung von Textilien ist Lackmus wegen seines Farbumschlags ungeeignet.
Als Ausgangsmaterial für die Lackmusgewinnung werden verschiedene Flechtenarten genannt: Roccella tinctoria (auf Felsen an den Küsten der Azoren, der Kanarischen Inseln, der Westküste Südamerikas), Roccella fuciformis (Herkunft meist Angola und Madagaskar), Roccella pygmaea (Algerien), Rocella phycopsis, Lecanora tartarea (Norwegen, Schweden), Variolaria dealbata (Pyrenäen und Auvergne), Ochrolechia parella, Parmotrema tinctorum, Parmelia-Arten. Hauptquellen sind heutzutage Roccella montagnei (Mosambik) und Dendrographa leucophoea (Kalifornien).
Die Details des Herstellungsprozesses wurden lange Zeit möglichst geheim gehalten. Die gepulverten Flechten werden für mehrere Wochen in einer mit Natrium- oder Kaliumcarbonat und Ammoniak alkalisch eingestellten Lösung bei gelegentlichem Umrühren stehen lassen. Dabei ändert sich allmählich die Farbe von rot nach blau. Da früher Ammoniak nicht als Chemikalie zur Verfügung stand, erhielt man den notwendigen Ammoniakanteil durch Zugabe von Urin. Der im Urin enthaltene Harnstoff wird durch Enzyme (= Biokatalysatoren) in Ammoniak umgewandelt. Die am Ende des Umsetzungsprozesses blaue Mixtur wird getrocknet und zu Pulver zermahlen. In dieser Stufe des Herstellungsprozesses enthält das Pulver teilweise Lackmus- und teilweise Orcein-Farbpigmente. Mit Alkohol wird der auf Orcein entfallende Farbanteil herausgelöst, zurück bleibt das blaue Lackmus. Gepresst, z.T. mit Gips und Kreide, versetzt, kommt es als leicht krümelnde Pressmasse in den Handel. Aus Lackmus wird auch eine spezielle Farbkomponente, das Azolitmin, hergestellt und als Indikator mit dem Lackmus ähnlichen Eigenschaften vertrieben.